Es ist Freitagabend im Nachtflug, eine der angesagtesten Discotheken in Köln. Schaut man einmal genauer hin, bietet sich einem ein Bild, das nicht gerade selten ist: Ein junger Mann unterhält sich mit einer Frau, sie tanzen. Blicke, Berührungen, Küsse und Handynummern werden ausgetauscht. Am Ende des Abends gehen sie gemeinsam nach Hause.
Das Prinzip „One-Night-Stand“ ist etwas völlig Normales und Akzeptables in unserer heutigen Gesellschaft geworden. Als Mann lässt sich sogar damit rühmen und angeben! Denn wie toll hört es sich denn an, wenn man den Freunden stolz berichten kann, dass man gestern schon wieder mit einer hübschen Dame Sex hatte und dafür nur ein paar Stunden, den ein oder anderen Drink und hier und da ein nettes Wort ausgegeben hat?
Und wie klingt es, zu erzählen, dass der Besuch im Saunaclub und der Austausch von Zärtlichkeiten und mehr mit der süßen Prostituierten letzte Nacht die eigene Geldbörse um ganze 100€ erleichtert hat? Lächerlich, beschämend, billig.
„Nur Loser zahlen für Sex.“ ist auch Kajsa Ekis Ekmans Meinung. Die Autorin und Aktivistin kämpft seit Jahren gegen Prostitution und ist der Meinung, dass es keinesfalls einvernehmlich sein kann, wenn einer der beiden für die Dienstleistung bezahlt. So ist es auch verständlich, dass Kunden und Besucher solcher Etablissements sich dafür schämen, ja sogar schämen müssen.
Im niedersächsischen Elsdorf weiß ein Saunaclub seinen Kunden allerdings zu helfen: „Der geschützt hinter dem Haus liegende Parkplatz ist nur eine der Maßnahmen, die wir treffen, um die Anonymität unserer Gäste zu wahren.“
Doch warum muss man sich dafür schämen, einen Saunaclub zu besuchen, aber darf stolz sein, wenn man aus einer Discothek jemanden nach einigen Drinks mit nach Hause nimmt? Wo genau liegt der Unterschied zwischen „Aufreißen“ und „Prostitution“? In beiden Fällen zahlt eine Hälfte für den Sex, sei es nun mit barem Geld, Zeit oder Getränken. Im Gegensatz zum „Aufreißen“ genießt die Prostitution allerdings kein so hohes Ansehen. Im Gegenteil: Sie wird verpönt und als dreckig angesehen, Sexmitarbeiterinnen als Opfer deklariert.
Dabei werden hierbei streng genommen nur die Opportunitätskosten richtig bedacht: Verbringt man mehrere Stunden in einer Discothek mit dem Ziel, eine Frau zum Sex mit nach Hause zu nehmen, investiert man nicht nur Zeit, sondern auch Geld in Form von Eintritten und Getränken darein, dieses Ziel auch zu erreichen. Gehen wir einmal von einer Milchmädchenrechnung aus und sagen, an einem Abend werden rund 200€ für den Eintritt, Getränke und das Taxi nach Hause ausgegeben. Ein einstündiger Besuch in einem Saunaclub hingegen kostet im Durchschnitt 50 - 100€, je nachdem, was an Leistungen erwünscht ist. Gespart wurde also nicht nur Zeit, sondern hochgerechnet wahrscheinlich auch einiges an Geld. Natürlich, es fehlt der Nervenkitzel der Jagd, da mit Geld in einem Saunaclub nahezu alles zu erhalten ist.
Aber ist der Akt des „Aufreißens“ deshalb so viel anerkannter, weil er den Erfolg des Jagdtriebes zeigt? Ist es so erstrebenswert, zu demonstrieren, wie gut man darin ist, seine Schönheit und seinen Charme zu präsentieren und schließlich eine Trophäe nach der anderen mit nach Hause zu bringen? Nicht zu vergessen, dass es in unserer Gesellschaft offenbar üblich geworden ist, seine Partner anhand äußerer Schönheitsmerkmale auszusuchen. So bekommt also ein „Schönling“, der den gängigen Idealen der meisten Frauen entspricht, logischerweise deutlich öfter die Chance, mit ihnen in Kontakt zu treten, als diejenigen, die nicht in dieses Schönheits-Raster fallen.
Lies hier den Teil 2 von "Tabu - Warum Prostitution, Bordelle und Saunaclubs immer noch so schlecht angesehen werden"